Ossi sagt man nicht? Doch!

Den Fall der Mauer habe ich seinerzeit mit großem Interesse verfolgt. Und es bewegte mich, wie es meine Großmutter zu Tränen rührte, als sie die Bilder der offenen Grenzen in den Nachrichten sah.

Ich fand und finde es großartig, dass es die DDR nicht mehr gibt. Dennoch hatte die Wiedervereinigung für mich persönlich einen bitteren Beigeschmack, weil

ich wurde Ossi genannt!

Ja, man nannte mich Ossi. Die meisten Menschen die mir näher standen und mich mochten, nannten mich Ossi. Seit meiner Geburt in Essen, einer Stadt in Nordrhein-Westfalen, in West-Deutschland (oder einem alten Bundesland, wie man es heute sagt), rund zwei Jahrzehnte vor dem Mauerfall!

Ossi war schlicht der liebevolle oder freundschaftliche Kosename für Oskar. Ich war daran gewöhnt und mochte es!

Bis die Mauer fiel!

Seit diesem Ereignis hatte Ossi plötzlich eine politsche, nationale Bedeutung. Das war mir anfangs überhaupt nicht klar, kannte ich doch noch keine „Ossi“. Nach und nach wurde ich seltener Ossi genannt. Fast unmerklich und so ist es mir auch fast nicht aufgefallen. Bis es zur Ossi-Konfrontation kam!

Ich war mit Freunden in einer Kneipe. Als mich einer „Ossi“ rief und ich mich auch noch erdreistet habe darauf zu reagieren, ging es los.

Ja sag mal, was fällt Dir denn ein? Der kann doch nichts dafür, dass er in der DDR geboren wurde!

Tönte es mit deutlich sächsischer Sprachfärbung von hinter der Bar. Offensichtlich ein Bürger aus den neuen Bundesländern.

Ich versuchte ihn zu beschwichtigen und sagte ihm, dass das schon in Ordnung ist und so lenkte ich seinen Zorn gegen mich.

Das kann ja wohl nicht wahr sein! Das lässt Du Dir auch noch gefallen? Was bist Du denn für ein Idiot? Ich würde dem mal ordentlich auf’s Maul geben! Ossi – geht ja mal überhaupt nicht!

Schlussendlich konnte ich ihn doch noch beruhigen und ihm die Herkunft „meines“ Ossis erklären, was er uneingeschränkt akzeptierte und sich für seinen Ausraster entschuldigte.

Tja, seit dem habe ich niemandem mehr angeboten: „Du darfst mich Ossi nennen.“ Außer einer handvoll, auserlesener Freunde aus den neuen Bundesländern. Die machen das ungefragt und ich mache das im Gegenzug auch (oder umgekehrt). Und mein bester Freund ist ein Ossi, und wir haben einen Heidenspaß dabei mit Klischees um uns zu schmeißen und uns gegenseitig Ossi zu nennen.

Wobei, der einzig wahre Ossi war, bin und werde immer ich sein!

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